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Aussenhandel Schweiz und Russland

FOKus: AUSSENHANDEL // Beitrag von Miriam Huwiler

Die Schweiz ist eine kleine offene Volkswirtschaft. Der internationale Warenaustausch ist entscheidend für den wirtschaftlichen Wohlstand des Landes. 

Die Schweiz gehört zu den Ländern mit den höchstens Anteilen des Aussenhandels am Bruttoinlandprodukt (BIP). Im Jahr 2021 wurden Waren und Dienstleistungen im Wert von rund Fr. 260 Mrd. exportiert und im Wert von rund Fr. 201 Mrd. importiert (konjunkturelles Total, Quelle). Der grösste Teil des Schweizer Aussenhandels erfolgt mit drei Partnern: der Europäischen Union (EU), den Vereinigten Staaten (USA) und China. Auf diese drei Partner zusammen entfielen gemäss Swiss Trade Monitor in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 rund 75 % der Exporte und  84 % der Schweizer Importe:

Swiss Trade Monitor, S. 4.
Swiss Trade Monitor, S. 4.

Die Wichtigsten CH-Exportgüter

Die wichtigste Exportbranche ist die Pharma-Industrie. Der Anteil chemisch-pharmazeutischer Produkte an den schweizerischen Ausfuhren beträgt 50%.

Der Export pharmazeutischer Produkte stieg 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 15%. Einen Viertel dieses Exportanstiegs ist auf die Ausfuhr von immunologischen Produkten zurückzuführen (Quelle). 

Jahresbericht Aussenhandel Schweiz 2021, S. 10.
Jahresbericht Aussenhandel Schweiz 2021, S. 10.

Die Wichtigsten Export-Länder

Auf Länderebene absorbierten die USA 18 % der Schweizer Exporte und lösten damit Deutschland als wichtigsten Absatzmarkt ab - das erste Mal seit 1954. Im Jahr 2021 erreichte der Umsatz in den USA mit Fr. 47 Mrd. (+12 % über zwei Jahre) einen historischen Höchststand. Im gleichen Zeitraum stagnierten die Lieferungen an den deutschen Nachbarn bei Fr. 44 Mrd. Spanien und Slowenien stachen speziell heraus: Sie verbesserten sich gegenüber der Vor-Corona-Periode um 2 bzw. 9 Ränge, insbesondere angetrieben durch den Export von chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen. Hongkong verzeichnete den stärksten Rückgang unter den Top 15 (−19 %; Uhren).

Jahresbericht Schweizer Aussenhandel 2021, S. 18.
Jahresbericht Schweizer Aussenhandel 2021, S. 18.

Handel mit Russland

Russland ist weltweit die elftgrösste Volkswirtschaft (2021) mit traditionell soliden Staatsfinanzen und bietet über die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) Zugang zu einem Markt mit 183 Mio. Konsumentinnen und Konsumenten. Russland ist für die Schweiz weltweit der 23. Handelspartner für den Güterhandel sowie der 15. in Bezug auf den Handel mit Dienstleistungen. Das Exportvolumen betrug 2021 rund Fr. 3.4 Mrd. (Quelle) Zu den wichtigsten Schweizer Exportgütern nach Russland gehören:

  • Chemisch-pharmazeutische Produkte
  • Präzisionsinstrumente und Uhren sowie
  • Maschinen.

Die Schweiz importiert v.a. Edelmetalle aus Russland. 2021 betrug das Importvolumen Fr. 1.4 Mrd. (Quelle)

2014 hat die Schweiz infolge der Ereignisse in der Ukraine Massnahmen zur Vermeidung der Umgehung von internationalen Sanktionen ergriffen. Die Verhandlungen des Freihandelsabkommens EFTA-damalige Zollunion «RuBeKa» (Russland, Belarus, Kasachstan) wurden sistiert (Quelle).

In der Folge des Ukraine-Einmarsches am 24. Februar 2022 übernahm die Schweiz die EU-Sanktionen gegenüber Russland. Gemäss dem Embargogesetz (EmbG) kann der Bund Zwangsmassnahmen erlassen, um Sanktionen durchzusetzen, die von der UNO, der OSZE oder den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz (in der Praxis: EU) erlassen wurden und die der Einhaltung des Völkerrechts, namentlich der Respektierung der Menschenrechte, dienen. Als Mitglied der UNO ist die Schweiz völkerrechtlich verpflichtet, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossenen Sanktionen anzuwenden. Hingegen entscheidet der Bundesrat im Einzelfall darüber, ob die Schweiz die von der EU beschlossenen Sanktionen ganz, teilweise oder gar nicht übernimmt. Das EmbG bietet keine Rechtsgrundlage für den Erlass von autonomen Sanktionen durch die Schweiz. Die bisherigen sechs Sanktionspakete der EU hat die Schweiz fast vollständig übernommen und in Rekordzeit umgesetzt. Die Verordnung vom 4. März 2022 über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine enthält alle Schweizer Massnahmen und ist rechtlich massgebend.

Die Sanktionen umfassen folgende Massnahmen:

Gütermassnahmen

  • Verbote bezüglich doppelt verwendbarer Güter, besonderer militärischer Güter und Güter zur militärischen und technologischen Stärkung oder zur Entwicklung des Verteidigungs- und Sicherheitssektors 
  • Einfuhrverbot von Feuerwaffen, Munition, Sprengmitteln, pyrotechnischen Gegenständen und Schiesspulver aus Russland und der Ukraine
  • Einfuhrverbot von Eisen- und Stahlerzeugnissen
  • Verbote bezüglich Güter für die Luft- und Raumfahrt
  • Verbote bezüglich Güter für den Energiesektor
  • Verbote betreffend Luxusgütern
  • Ausfuhrverbote bezüglich Kerosin und weiterer Güter wie Industrieroboter und chemische Erzeugnisse
  • Einfuhrverbot von Kohle und weiterer Güter wie Zement, Holz, Dünger und Kaviar 

Finanzmassnahmen

  • Sperre von Vermögenswerten und Bereitstellungsverbote
  • Meldepflichten für gesperrte Vermögenswerte
  • Verbot der Begebung und des Handels von übertragbaren Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten
  • Verbot der Gewährung von Darlehen
  • Verbot der Entgegennahme von Einlagen über 100'000 Franken von russischen Staatsbürger oder natürliche und juristische Personen in Russland
  • Meldepflicht für bestehende Einlagen von über 100'000 Franken
  • Verbote im Zusammenhang mit Transaktionen mit der russischen Zentralbank
  • Verbote der Bereitstellung spezialisierter Nachrichtenübermittlungsdienste für den Zahlungsverkehr und von Ratingdiensten
  • Verbote betreffend Transaktionen mit gewissen staatseigenen Betrieben
  • Verbote betreffend Trusts
  • Verbot der finanziellen Unterstützung russischer öffentlicher Einrichtungen

Massnahmen betreffend spezifizierte Gebiete

  • Einfuhrverbot von Gütern mit Ursprung in den bezeichneten Gebieten ohne ein von den ukrainischen Behörden ausgestelltes Herkunftszertifikat
  • Ausfuhrverbot für bestimmte Güter und damit zusammenhängenden Dienstleistungen in die bezeichneten Gebiete
  • Verbot von Finanzierungen, Beteiligungen und bestimmten Dienstleistungen

Weitere Massnahmen

  • Reisesanktionen
  • Start- und Landeverbot für russische Flugzeuge

Die Exporte der EU-27 und der USA nach Russland sind im Jahr 2022 stark zurückgegangen. Der Rückgang der US-Exporte nach Russland ist hauptsächlich auf fünf Produktgruppen zurückzuführen: Flugzeuge, Kernreaktoren, Fahrzeuge, optische Instrumente und elektrische Maschinen. Es handelt sich dabei um sanktionierte Produktgruppen. Die Schweiz dagegen exportiert hauptsächlich pharmazeutische Erzeugnisse. Sie machen 46% der Schweizer Exporte nach Russland aus. Pharmazeutische Erzeugnisse sind nicht sanktioniert. Die Exporte von Uhren (Luxusgüter) sowie die Importe von mineralischen Brennstoffen (Energiesektor) gingen aufgrund der Sanktionen stark zurück. 

 

Russisches Gold

"Im Juli hat die Schweiz 261 Kilogramm Gold für 14 Millionen Franken aus dem Vereinigten Königreich eingeführt, das ursprünglich aus Russland stammt. Bereits im Mai gelangte erstmals seit Beginn des Ukraine-Kriegs russisches Gold in die Schweiz – und sorgte prompt für Diskussionen. Das BAZG betont, dass die Einfuhren «die zum Zeitpunkt des Imports relevanten Auflagen» erfüllen. Seit Anfang August unterliegt russisches Gold nun aber den von der Schweiz übernommenen, ausgeweiteten EU-Sanktionen und darf nicht mehr importiert werden."
(Luzerner Zeitung, 18.08.22)

Für Gold gilt Art. 14d der Verordnung über die Massnahmen im Zusammenhang mit der Ukraine. Dieser Artikel ist erst seit dem 3. August 2022 in Kraft und verbietet den Kauf von Gold mit Ursprung in der Russischen Föderation, das nach dem 4. August 2022 aus Russland ausgeführt wurde. Insgesamt importierte die Schweiz im Juli 2022 Waren im Wert von 23 Millionen Franken aus Russland – das ist der tiefste Stand im laufenden Jahr. Bei den Exporten verzeichnet das BAZG mit 189 Millionen den drittniedrigsten Wert. Davon entfielen 148 Millionen auf Chemie-Pharma-Exporte. 

 

Fazit

Es lässt sich festhalten, dass die Sanktionen der Schweiz gegen Russland greifen, aber aufgrund der betroffenen Güter wenig Wirkung entfalten. Gewisse Sanktionen unterliegen zudem Übergangsbestimmungen, so dass sich die Auswirkungen erst zeitversetzt zeigen. Um das Aussenhandels-Jahr 2022 vollständig zu beurteilen, müssen wir das Jahresende abwarten.

Schweizer Unternehmungen der Privatwirtschaft sind verpflichtet die Sanktionsregeln einzuhalten. Innerhalb dieser Grenzen dürfen sie aus rechtlicher Sicht weiter mit Russland Handel betreiben. Russland ist mit einem gegenseitigen Handelsvolumen von Fr. 4.7 Mrd. (2021) allerdings ein vergleichsweise "kleiner" Handelspartner, so dass die wirtschaftlichen Schäden aufgrund der Sanktionen für die Schweiz relativ gering ausfallen dürften. Das SECO schreibt dazu:

"Die wirtschaftlichen Verflechtungen der Schweiz mit Russland und der Ukraine sind verhältnismässig gering. Daher dürften die direkten Effekte des Kriegs auf die Schweizer Volkswirtschaft insgesamt begrenzt bleiben. Auf volkswirtschaftlicher Ebene dürften vor allem indirekte Effekte auf die Schweiz von Bedeutung sein, v.a. die globalen Preisanstiege bei Energieträgern und anderen Rohwaren sowie die gestiegene Unsicherheit."


Quellen:

Alle Daten des Swiss Trade Monitors der Universität St. Gallen (HSG) für die Schweiz stammen vom Schweizer Bundesamt für Zoll und Grenzschutz (BAZG). Wenn nicht anders angegeben, berücksichtigen die Handelsdaten ausschliesslich den Warenhandel ohne Gold und andere Edelmetalle. Die Daten für das Jahr 2022 umfassen neun Monate, Januar bis September. Die zusätzlichen Handelsdaten für die Europäische Union stammen von Eurostat. Für die Vereinigten Staaten ist die United States International Trade Commission (USITC) die Quelle für die Handelsdaten.

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