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Unternehmen: Technologie, Innovation und Nachhaltigkeit

FOKUS: FORSCHUNGSPROJEKT // BEITRAG VON MIRIAM HUWILER

In diesem Schuljahr starteten wir mit einem neuen Forschungsprojekt. Nach "Plattform-Ökonomie" legten wir nun den Fokus auf das Zusammenspiel von Technologie, Innovation und Nachhaltigkeit. 

 

1. Ausgangslage

"Die Menschheit steht aktuell vor einer Vielzahl von Herausforderungen, darunter die Klimakrise, soziale Ungerechtigkeit, die globale Pandemie und geopolitische Spannungen. Während wichtige Fortschritte bei der Bewältigung der Klimakrise gemacht wurden, reichen diese laut Expertinnen und Experten nicht aus, um das gesetzte Ziel, die Erderwärmung auf 1.5 Grad Celsius zu begrenzen, zu erreichen. Um diese globalen Herausforderungen zu bewältigen, ist die Beteiligung aller Akteure, einschliesslich Staaten, Unternehmen und Einzelpersonen, erforderlich. Unternehmen spielen dabei eine zentrale Rolle und müssen Verantwortung für ihre Auswirkungen auf die Umwelt übernehmen." (Quelle: Swiss Sustainability Benchmark Studie 2023, S. 6)

 

Für das diesjährige Forschungsprojekt stellten wir uns deshalb die Frage, wie Schweizer Unternehmen Technologie und Innovation einsetzen, um nachhaltig(er) zu werden. 

Bereits eine Nachhaltigkeitsstudie von 2018 zeigte auf, dass nachhaltige Unternehmen im Vorteil sind: 

 

Was bedeutet überhaupt "nachhaltig"? Für unsere Forschungsarbeit arbeiteten wir mit dem 3-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung:

Die ökologische Nachhaltigkeit orientiert sich am stärksten am ursprünglichen Gedanken keinen Raubbau an der Natur zu betreiben. Ökologisch nachhaltig wäre eine Lebensweise, die die natürlichen Lebensgrundlagen nur in dem Masse beansprucht, wie diese sich regenerieren.

 

Die ökonomische Nachhaltigkeit beschreibt eine Gesellschaft, die wirtschaftlich nicht über ihre Verhältnisse lebt, da dies zwangsläufig zu Einbussen der nachkommenden Generationen führen würde. Allgemein gilt eine Wirtschaftsweise dann als nachhaltig, wenn sie dauerhaft betrieben werden kann.

 

Die soziale Nachhaltigkeit beschreibt einen Staat oder eine Gesellschaft, der oder die so organisiert ist, dass sich die sozialen Spannungen in Grenzen halten und Konflikte nicht eskalieren, sondern auf friedlichem und zivilem Wege ausgetragen werden können.

 

Auf ein Unternehmen bezogen bedeutet Nachhaltigkeit, dass es für seine Mitarbeitenden sorgt (ausreichendes und angemessenes Einkommen, gute Arbeitsbedingungen, Weiterbildungsmöglichkeiten), die Eigenkapitalgeber_innen angemessen entschädigt (Dividende), auf die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden eingeht und dafür die Produktionsfaktoren (Arbeit, Boden, Kapital und Wissen) im Sinne des ökonomischen Prinzips (Optimumprinzip: Mit möglichst wenig Input, maximalen Output erreichen) optimal einsetzt.

 

2. Unser Vorgehen

Die Studierenden im BM-Vollzeit-Modell beschäftigten sich während drei Wochen intensiv mit einem Schweizer Unternehmen. Die Aufgabe bestand darin, die gewählte Unternehmung umfassend zu porträtieren und sich kritisch mit ihrem Umgang mit Ressourcen auseinanderzusetzen. Aus dieser kritischen Auseinandersetzung sollten Key Learnings formuliert werden. 

 

3. Forschungsresultate und SChlussfolgerungen

Wir stellten fest, dass Nachhaltigkeit im Sinne des 3-Säulen-Modells einen umfassenden, dynamischen Transformationsprozess darstellt, der Unternehmen vor die unterschiedlichsten Herausforderungen stellt. Die untersuchten Unternehmen setzen auf Elektromobilität bei ihren Fahrzeugflotten und installierten Solaranlagen auf den Dächern ihrer Produktionsbetriebe. Die Bemühungen gehen aber noch viel weiter, wie das Beispiel aus der Luftfahrt-Branche zeigt: Der Schlüssel zum kohlenstoffneutralen Fliegen ist die Verwendung nachhaltiger Treibstoffe oder SAFs (Sustainable Aviation Fuel): Kerosin nichtfossilen Ursprungs. Diese nachhaltigen alternativen Treibstoffe sind neben hochmodernen Flugzeugen der bedeutendste Schritt auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft des Luftverkehrs. Eine industrieweite Nutzung von SAF scheitert bislang an der verfügbaren Menge und den hohen Kosten des alternativen Treibstoffs, da derzeit nur wenige Raffinerien weltweit in der Lage sind, SAF zertifiziert und in ausreichenden Mengen zu produzieren. Zusätzlich stellte sich im Gespräch einer Forschungsgruppe mit einem Nachhaltigkeitsexperten aus der Branche heraus, dass die Luftfahrt-Unternehmen aktuell einen sehr hohen Preis für SAF bezahlen, der sich zusätzlich verteuert, da SAF nicht von der Mineralölsteuer ausgenommen sind (siehe Kommentar des Verbandes Swissmem HIER).

 

Weiter lernten wir, dass die Nachhaltigkeit von Gebäuden wesentlich von den Materialien abhängt, die beim Bau verwendet werden. Eine geringe Energieeffizienz von Gebäuden verursacht hohe CO2-Emissionen. Durch kleine Fugen oder Leckagen in der Gebäudehülle, z.B. zwischen Fenstern und Mauerwerk, entweicht geheizte oder gekühlte Raumluft. Um die Raumtemperatur trotz vielen Leckagen zu stabilisieren, muss stark und dauerhaft geheizt oder gekühlt werden. Die SIGA AG mit Sitz in Ruswil entwickelt und produziert luft- und winddichte Produkte für den Hochbau, um ihre Vision zu verwirklichen: "Wir streben nach einer Welt, in der Gebäude keine Energie verschwenden."

 

Ein Beispiel für eine herausragende Kommunikation von Nachhaltigkeitsanstrengungen ist die Emmi AG mit Hauptsitz in Luzern. Emmi hat ein eigenes Nachhaltigkeitsmodell entwickelt, mit dem sie nachhaltig Mehrwert für alle ihre Anspruchsgruppen schaffen, die endlichen Ressourcen unseres Planeten respektieren und auf diese Weise für die besten Milchmomente heute und für kommende Milchmomente sorgen wollen:

Die Emmi AG verknüpft ihre Nachhaltigkeitsmission direkt mit den Sustainable Development Goals der UNO (siehe HIER). Die SDGS wurden von allen UNO-Mitgliedstaaten 2015 formuliert und sollen bis 2030 global erreicht werden. Emmi gelingt es, ihr Engagement in einem Video überzeugend darzustellen:

Wie der Emmi AG die Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele gelingt, lässt sich in ihrem Nachhaltigkeitsbericht nachlesen.

 

Wir stellten weiter fest, dass Produkte der Lindt & Sprüngli (Schweiz) AG für viele Menschen Luxusprodukte sind. Die beliebten Lindor-Kugeln werden gerne gekauft, um sie zu verschenken. Bei Schokoladenprodukten stellt sich immer die Frage nach der Nachhaltigkeit des Kakaoanbaus. Lindt & Sprüngli engagiert sich stark in diesem Bereich und fasst die Highlights aus dem Jahr 2022 wie folgt zusammen:

 

Insgesamt dürfen wir festhalten, dass sich unsere Beobachtungen mit den Resultaten der Swiss Sustainability Benchmark Studie 2023 decken. Das betrifft vor allem die folgenden Schlussfolgerungen:

  • Das Problembewusstsein für nachhaltiges Wirtschaften ist bei Unternehmen vorhanden. 
  • Zu den wichtigsten Motivatoren hinter den Nachhaltigkeitsbemühungen gehören neben der gesellschaftlichen Verantwortung, die Unternehmen immer stärker übernehmen möchten, auch potenzielle Kostensenkungen sowie die Erhöhung der Mitarbeitendenzufriedenheit. Unternehmen spüren, dass ihre Kundinnen und Kunden nachhaltige Lösungen bevorzugen und dass Nachhaltigkeit einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann. 
  • Kundinnen und Kunden stellen aber gleichzeitig die grösste Hürde bei der Transformation dar. Einerseits, weil sie noch nicht ausreichend sensibilisiert sind und andererseits, weil sie nicht wirklich bereit sind, die höheren Preise für nachhaltige Produkte und Verpackungen oder Dienstleistungen zu zahlen. 
  • Das Thema Nachhaltigkeit bietet für die Schweizer Wirtschaft grosse Chancen in Bezug auf die Rückgewinnung von Ressourcen, den Zugang zu neuen Märkten sowie der Erhöhung der Wertschöpfung durch neue Kreislaufprodukte und Dienstleistungen. Zugleich können zirkuläre Ansätze die Risiken senken, die mit der derzeitigen linearen Wirtschaft verbunden sind. 

 

4. Fazit: fange an und höre niemals auf, fragen zu stellen.

Im Anschluss an die Präsentationen zu den ausgewählten Unternehmen diskutierten wir, was wir als Konsumentinnen und Konsumenten beitragen können, um unsere Welt nachhaltiger zu gestalten. Uns wurde bewusst, dass dabei auch der Verzicht auf Konsum oder mindestens die Einschränkung eine Rolle spielen muss. Wir stellten uns wichtigen Fragen: Muss ich jedes Jahr in die Ferien fliegen? Kann ich nicht auch mal mit Bus, Zug oder sogar mit dem Velo reisen? Wie nachhaltig ist eigentlich Ski fahren? Was bedeutet der Klimawandel für unsere Skigebiete? Welche Betriebe und ihre Mitarbeitenden sind alle davon betroffen, wenn es weniger Schnee gibt oder die Menschen - aus unterschiedlichen Gründen - weniger Ski fahren würden? Wie könnten die Verpackungen von Schoggi optimiert werden? Wieviel Milchprodukte (inkl. Käse) sollten wir konsumieren? 

 

Als verantwortungsbewusste Konsumentinnen und Konsumenten müssen wir Fragen stellen und die Unternehmen kennenlernen, welche die Produkte herstellen, die wir tagtäglich konsumieren. Nur so können wir bewusste Konsumentscheidungen treffen. 

 

Neben aller Ernsthaftigkeit unseres Forschungsprojekts durften wir viel Spass haben und uns auch darüber auslassen, ob Lindor Kugeln gekühlt oder ungekühlt besser schmecken. Die Meinungen waren sehr gespalten...

Wie ist es bei dir: Bist du Team "Lindor-Kugeln nur aus dem Kühlschrank" oder Team "ungekühlt"?


Abschlussbericht Forschungsprojekt SJ23-24 am BBZB Luzern, Abteilung BM Fachrichtung TALS, W&R Miriam Huwiler

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